Zum gemeinsamen Brief eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses an die EU-Kommission und der Forderung nach einem Stopp der Vorratsdatenspeicherung erklärt Dr. Konstantin von Notz, Sprecher für Innen- und Netzpolitik der grünen Bundestagsfraktion:

In ihrem gemeinsamen Brief fordern über 100 Organisationen aus 23 europäischen Ländern den Stopp der europaweiten Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung. Wir unterstützen die Forderungen zahlreicher Bürgerrechts-, Datenschutz- und Menschenrechtsorganisationen, Telefonseelsorge- und Notrufvereinen, Berufsverbänden von Journalisten, Juristen und Ärzten, Gewerkschaften, Verbraucherzentralen und Wirtschaftsverbänden ausdrücklich.

Vollkommen zu Recht warnen die Organisationen, dass eine allgemeine Aufzeichnung von Verbindungsdaten im Rahmen einer Vorratsdatenspeicherung vertrauliche Tätigkeiten und Kontakte zu Journalisten und Beratungsstellen ganz erheblich erschwert und die Kommunikationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger unverhältnismäßig einschränkt. Ebenfalls zu Recht verweisen die Autoren darauf, dass sich die Zahl der aufgrund der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärten Straftaten seit ihrer Einführung im Jahr 2006 nicht erhöht hat. Hingegen haben die jüngsten Datenskandale gezeigt, dass im wichtigen Bereich des Datenschutzes nur konsequente Datenvermeidung und Datensparsamkeit den notwendigen Datenschutz für Bürgerinnen und Bürger schafft. Insofern bedarf es in der Tat, wie das Bündnis völlig zu Recht fordert, intelligenterer Alternativen als einer ungezielten Datenhäufung“ wie der Vorratsdatenspeicherung.

Die Europäische Kommission muss das deutliche Zeichen der Zivilgesellschaft ernst nehmen und sich auch vor dem Hintergrund der Entscheidungen zahlreicher Verfassungsgerichte europäischer Länder zügig für eine Novellierung der EU-Richtlinie einsetzen. Diese muss das Ziel verfolgen, intelligentere und verfassungskonforme Lösungsansätze aufzuzeigen, als eine völlig unverhältnismäßige Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten aller Bürgerinnen und Bürger. Sonst läuft die Kommission Gefahr, dass der Europäische Gerichtshof die gesamte Richtlinie mit Hinweis darauf einkassiert, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht mit der EU-Grundrechtecharta vereinbar ist. CDU und CSU, die noch immer eine schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland fordern, wären gut beraten, sich zügig und ernsthaft mit Alternativen zur Vorratsdatenspeicherung wie dem quick freeze-Verfahren auseinanderzusetzen.