Hier finden Sie die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Jerzy Montag, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gesetzliche Verankerung des Schutzes von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (Whistleblower) als Konsequenz des EGMR-Urteils vom 21. Juni 2011 (BT-Drs. 17/6902 (Antwort BT-Drs. 17/7053))

Inhalt
Prüfung der Notwendigkeit eines Gesetzentwurfs zum Schutz von Hinweisgebern auf Grund des vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufgezeigten Handlungsbedarfs, Angaben zu Umfang und Anwendungsbereichen einer etwaigen gesetzlichen Regelung und Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes für Altfälle, Hinweis auf noch ausstehende Empfehlungen der G20-Staaten zur Frage der Whistleblower
(insgesamt 14 Einzelfragen)

Unsere Vorbemerkungen:
Missstände in Unternehmen oder Institutionen werden in vielen Fällen erst durch Hinweise einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekannt (sog. Whistleblower).

Oft besteht ein großes öffentliches Interesse an diesen Informationen, zu denen nur ein begrenzter Personenkreis Zugang hat, so im Pflegebereich oder bei der Aufdeckung von Lebensmittelskandalen. Dennoch drohen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die solche Missstände publik machen, häufig arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen. Hierdurch entsteht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Gewissenskonflikt, der durch die gesetzliche Verankerung des Whistleblower-Schutzes reduziert werden kann.

In einigen Staaten, z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika, gibt es bereits Schutzvorschriften. Auch auf internationaler Ebene wird der Schutz von Whistleblowern gefordert: In dem Antikorruptions-Aktionsplan der G20-Staaten von November 2010 hat sich auch die Bundesregierung zum Schutz von Whistleblowern bekannt und angekündigt, sie werde „bis Ende 2012 Regeln zum Whistleblower-Schutz erlassen und umsetzen“ *.

Dazu teilte die Bundesregierung am 12. Juli 2011 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele mit, derzeit bereite eine Arbeitsgruppe der G20-Mitgliedstaaten aufgrund dortiger „best practices“ Regelungsempfehlungen an diese vor (Bundestagsdrucksache 17/6589, Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe zu Frage 42). Erst nach dem abzuwartenden Ergebnis dieser Arbeiten könne beurteilt werden, ob und in welchem Umfang sich hieraus Konsequenzen ergeben können.

Vor kurzem wurde der Handlungsbedarf auch durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)vom 21. Juli 2011 (28274/08)aufgezeigt: Eine Berliner Altenpflegerin wurde von ihrem Arbeitgeber gekündigt, nachdem sie wesentliche Missstände in der pflegerischen Versorgung angeprangert hatte. Erfolglos versuchte sie, in Deutschland gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Deutschland in diesem Fall wegen der Verletzung der Meinungsfreiheit nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilt.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat daraufhin angekündigt zu prüfen, ob eine gesetzliche Klarstellung erforderlich ist.

Gegen das Urteil der Kleinen Kammer des EGMR können beide Seiten binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der EGMR kann den Fall dann zur Überprüfung an die Große Kammer verweisen.

* Annex III zur Erklärung des G20-Gipfels von Seoul, Punkt 7.

Die Anfrage können Sie hier als PDF downloaden:
BT -DRS 17/6902 (Kleine Anfrage)
BT -DRS 17/7053 (Antwort)