2. Sitzung, 18.11.2013, TOP 2:

Die Rede im Wortlaut finden Sie hier:

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:

Der nächste Redner ist Dr. Konstantin von Notz.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man Sie hier so reden hört, Herr Grosse-Brömer und Herr Friedrich, zu Ihren Aufklärungsbemühungen bezüglich dieses größten Datenschutz- und Geheimdienstskandals aller Zeiten, dann hat man den Eindruck: Sie können nicht vernebeln, dass Sie nach einem halben Jahr nichts vorzuweisen haben. Sie stehen hier mit völlig leeren Händen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben mehrere Reisen in die USA unternommen bzw. unternehmen lassen, Herr Friedrich. Herausgekommen ist gar nichts. Zuletzt haben Sie den Bock zum Gärtner gemacht und Geheimdienstler mit Geheimdienstlern Geheimes geheim besprechen lassen. Aber auch diese sind ohne Ergebnisse zurückgekommen. Sie verstehen offensichtlich nicht, was nach diesem Skandal am wichtigsten ist, nämlich Transparenz, um das verloren gegangene Vertrauen in die wichtigste Kommunikationsstruktur unserer Zeit zurückzugewinnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])

Wer diese bisherigen Bemühungen, Herr Friedrich, als Erfolg feiert, der dokumentiert seinen Unwillen und seine Unfähigkeit, überhaupt Konsequenzen aus diesem Skandal zu ziehen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, wohnt übrigens dieser Debatte bei. Er mahnt in seiner Stellungnahme, die auch Grundlage unserer heutigen Debatte ist, an, wie notwendig angesichts der fundamentalen Grundrechtsbedrohung die Aufklärung ist. Von Ihnen kommt nichts dazu, Herr Friedrich,

(Zurufe von der CDU/CSU: Doch!)

nach all den Monaten nichts, nur eine schwurbelige Rede.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen einmal, welche Fragen sich stellen: Welche Rolle spielen deutsche Geheimdienste im internationalen Datenaustauschring? Sie selbst haben erzählt, dass wir selber Millionen von Daten weitergeben. Das ist ein zusammenhängendes System. Das ist für jeden normal denkenden Menschen offensichtlich. Sie klären nichts auf. Sie fixieren die Diskussion auf die NSA und die USA. Das sage ich zum Vorwurf des Antiamerikanismus. Wer redet denn von einer digitalen Besatzungsmacht? Das ist doch Ihr Kollege von der Union, Herr Uhl. Wie antiamerikanisch soll es denn noch werden?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist denn mit den anderen Geheimdiensten, zum Beispiel mit dem britischen Geheimdienst? Deren Aktivitäten sind keinen Deut unproblematischer.

Warum, Frau Bundeskanzlerin, hat die Spionageabwehr bei Ihrem Handy so massiv versagt? Man kann sich hier im Raum einmal locker die Frage stellen, wessen Telefon – das betrifft auch die Regierungsbank – eigentlich noch abgehört wird.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ihres!)

Dazu haben wir nichts von Ihnen gehört. Was tun Sie -aktiv, um die Grundrechte der Menschen in diesem Land – auch das ist nicht ganz unwesentlich – und die Integrität der Daten von Wirtschaftsunternehmen zu schützen?

All das sind gravierende Fragen. Bei denen sind Sie völlig blank. Das merkt man auch in dieser Debatte heute nur allzu deutlich. Das ist nach den sechs Monaten ein Skandal. Deswegen brauchen wir den Untersuchungsausschuss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines ist doch auch völlig klar: Die parlamentarische Kontrolle hat versagt. Wir brauchen eine Reform von G 10 bis PKGr. Herr Bundesinnenminister, Sie haben eben versucht, dies mit der Anerkennung der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen zu verschwurbeln. Das hilft doch niemandem. Das ist ein strukturelles Problem. Das sagt übrigens auch der Bundesdatenschutzbeauftragte in seinem Bericht.

Wir als Abgeordnete müssen uns – das wurde hier schon gesagt, und das ist ein ganz wichtiger Punkt – mit den Parlamentariern in den USA, die eine schärfere Kontrolle wollen, zusammensetzen, und wir müssen als Parlament, als Abgeordnete die Kontrolle der Geheimdienste wieder auf die Füße stellen. Wir sind diejenigen, die kontrollieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:

Herr Kollege von Notz, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Dass das Problem heute so aufschlägt, ist auch eine Konsequenz der Versäumnisse Ihrer Politik in den letzten Jahren. Man kann geradezu von einer Sabotage der Frage sprechen, was wir für besseren Datenschutz tun können. Wer hat denn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unmöglich gemacht? Das waren Sie in der letzten Bundestagssitzung der vergangenen Wahlperiode. Jetzt stehen Sie blamiert da. Die ganzen IT-Großprojekte der letzten Jahre wie N-Perso, De-Mail und Gesundheitskarte sind diskreditiert.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und die Redezeit ist zu Ende!)

Ihre Antwort, Herr Friedrich, ist ein Zentrum für Cyberabwehr, und dem gesellen Sie jetzt noch ein Zentrum für Cybersicherheit hinzu.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Schluss jetzt!)

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:

Herr Kollege von Notz, kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich gratuliere. Wenn das alles ist, was Sie die nächsten vier Jahre liefern wollen, dann kann einem nur angst und bange um die Grundrechte in diesem Land werden.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)