Bundesamt-fuer-Verfassungsschutz_Quelle_Stefan Kühn_CC BY-SA 3_0

Bundesamt für Verfassungsschutz_Quelle_Stefan Kühn_CC BY-SA 3_0

Gerade verabschiedete der die Große Koalition, während sich in fünf Bundesländern und bald wohl auch wieder im Bundestag Untersuchungsausschüsse mit der NSU beschäftigen und während der NSA-Untersuchungsausschuss noch voll in der Aufklärung ist, den Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“. Hinter dem zunächst gut klingenden Titel verbirgt sich ein ganzes Potpourri an Maßnahmen, die, statt die rechtsstaatlichen Konsequenzen aus den bitteren Erfahrungen um NSU und NSA zu ziehen, in die genau entgegengesetzte Richtung zielen.

Insgesamt werden die Bürgerrechte durch die Große Koalition durch dieses gesetzgeberische Vorhaben weiter ausgehöhlt. Unsere grundsätzliche Kritik an dem schwarz-roten Vorgehen zu Lasten unserer Bürgerrechte hatte ich auch hier bereits einmal zusammengefasst – auch, da diese bislang medial weitgehend unkritisch als tatsächliche Reform und Konsequenz aus den Erfahrungen, die man im Zuge der anhaltenden Enthüllungen und Aufklärung um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) und die Praktiken verschiedener westlicher Geheimdienste gemacht hat, bewertet. Diese Bewertung teilen wir ausdrücklich nicht.

Der Entwurf der Bundesregierung leistet dies eben nicht. Er zieht gerade nicht die notwendigen Konsequenzen, sondern gefährdet den Rechtsstaat konstituierende Grund- und Freiheitsrechte. Er legitimiert die anlasslose Massenüberwachung, die weltweit gerade kritisch hinterfragt und bei uns im Bundestag parlamentarisch durch einen eigenen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet wird. Nach den ebenfalls höchst fragwürdigen Antiterrorpaketen von Justizminister Maas legt nun Innenminister de Maizière nach: Sein Paket ist in Gesetzesform gegossene Ignoranz gegenüber den bisherigen aus der Aufklärung resultierenden Erkenntnissen und politischen Handlungsempfehlungen.

Nur ein Beispiel: Dass die strategische Rasterfahndung des Bundesnachrichtendienstes (BND) auf der Glasfaser sogar noch ausgeweitet werden soll, ist ein Affront gegen den 1. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Dieser Vorschlag betrifft die private Kommunikation aller Bürgerinnen und Bürger, er setzt anlasslos an und lässt jede Verhältnismäßigkeit vermissen. In dieser Gestalt ist er aus unserer Sicht schlicht verfassungswidrig. Auch die pauschale Legalisierung des Einsatzes von V-Leuten für den Verfassungsschutz wirft angesichts weitreichender Ausnahmeklauseln gravierende, bislang durch die Bundesregierung ungeklärte Fragen auf.

Wir hatten angekündigt, dass wir als Grüne Bundestagsfraktion den weiteren parlamentarischen Gang dieser Initiative intensiv begleiten werden und erneut auch eigene Vorschläge für eine neue Sicherheitsarchitektur nach NSU und NSA vorlegen werden. Als rechtsstaatliche Alternative zum Vorgehen der Großen Koalition haben wir zwei Anträge hierzu im Bundestag vorgelegt.

Hier findet Ihr unseren Antrag „Für eine Zäsur und einen Neustart in der deutschen Sicherheitsarchitektur“: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/046/1804690.pdf

Hier findet Ihr ein kurzes Videostatement von mir zu aktuellen Entwicklungen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Überwachung- und Geheimdienstaffäre: https://gruen-digital.de/2015/04/videostatement-zu-aktuellen-entwicklungen-im-parlam-untersuchungsausschuss-zur-ueberwachungs-und-geheimdienstaffaere/

Hier findet Ihr ein etwas ausführliches Interview, das ich mit Tilo Jung geführt habe: https://krautreporter.de/793–wer-kontrolliert-hier-eigentlich-wen