Drei Jahre lang haben wir versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, nun sind wir auf der Zielgeraden: Der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des NSA-Skandals und der Verwicklung deutscher Geheimdienste hat seine Arbeit beendet. Auch bei dieser Formalie kommt die GroKo nicht ohne Skandal aus. Das Sondervotum der Opposition zum Abschlussbericht, in dem wir unsere eigenen Einschätzungen aufgeschrieben haben, wollte die Koalition kurzerhand in der Geheimschutzstelle versenken. Das Perfide: Vier Wochen vor Erscheinen des Berichts veröffentlichte der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg ein eigenes Buch zu dem Thema „aus den Akten des Untersuchungsausschusses“, in dem er fröhlich Klarnamen von Operationen benennt und aus Akten erzählt. Hier wird schlicht und ergreifend mit zweierlei Maß gemessen.

Nachdem man sich nach einigen Auseinandersetzungen wieder in konstruktiven Gesprächen befand, brüskierte die Koalition uns mit einer weiteren Unverschämtheit: Martina Renner und ich wurden plötzlich und ohne Vorankündigung vom Ausschussvorsitzenden als Berichterstatter aus dem Ausschuss entfernt. Unsere Stellvertreter Hans-Christian Ströbele und André Hahn wurden nicht benannt. Nachdem die Opposition derart hinterrücks ausgeschaltet wurde, konnten die Koalitionsfraktionen nach ihrem Gutdünken die Beschlussempfehlung und den Bericht verabschieden.

Das gesamte Verfahren ist unseriös, unparlamentarisch und für die zukünftige Praxis des Deutschen Bundestages hochgradig problematisch. Mein Hauptanliegen ist nun, dass es der GroKo nicht gelingt, mit dieser Posse die wichtigen Erkenntnisse des NSA-Untersuchungsausschuss zu überspielen und zu vertuschen.

Aufklärung trotz Widerstand

Gemeinsam mit der Linken haben wir die von Edward Snowden enthüllten massiven Spionagetätigkeiten in den vergangenen drei Jahren trotz aller Widerstände intensiv aufgeklärt. Immer wieder behinderten Koalitionsabgeordnete und Bundesregierung unsere Arbeit. Sie verschleppten und vereitelten schließlich sogar alle Versuche, Edward Snowden als Zeugen anzuhören.

Dennoch war der Ausschuss ein großer Erfolg. Rechtswidrige Geheimdienst-Operationen wie EIKONAL, bei der der Bundesnachrichtendienst (BND) massenhaft Daten an einem Netzknoten in Frankfurt am Main abgegriffen und an die NSA weitergegeben hat, wären ohne den Ausschuss niemals ans Tageslicht gekommen. Dies gilt ebenso für die massiven Verstöße in der Kooperation mit der NSA in Bad Aibling. Nur durch hartnäckiges Nachhaken der Opposition wurde aufgedeckt, dass die NSA mit Hilfe des BND jahrelang mittels Suchbegriffen (sogenannten „Selektoren“) Regierungen und Einrichtungen der EU-Staaten und der EU ausspioniert hat.

In diesem Zusammenhang haben wir enthüllt, dass der BND keinen Deut besser ist als die durch die Snowden-Enthüllungen angeprangerten US- und britischen Geheimdienste. Auch der BND hörte in großem Umfang rechtswidrig Kommunikation von Regierungen der EU-Partnerstaaten und der USA ab. Abhören unter Freunden ging also wunderbar, trotz aller Lippenbekenntnisse und Empörungen der Bundeskanzlerin im Wahljahr 2013.

Abhören unter Freunden ging wunderbar

„Abhören unter Freunden, das geht gar nicht“, dieser Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel prägte die Diskussion um die Geheimdienstaffäre im Wahlkampfsommer 2013 wie kein anderer. Kurz darauf  versicherte der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla der Öffentlichkeit, die USA hielten sich auf deutschem Boden an deutsches Recht und es werde ein No-Spy-Abkommen verhandelt. Beides war falsch, wie wir durch die Ausschussarbeit heute wissen.

Weder sicherten die USA der Bundesregierung jemals ein solches Abkommen zu, noch waren die deutschen Dienste so unschuldig, wie die Kanzlerin und ihr Kanzleramtschef suggeriert hatten. Skandalös ist vor allem, wie die Vorgänge beim BND und im Kanzleramt im Nachhinein vertuscht wurden. Hätte die Öffentlichkeit damals gewusst, was heute durch den Untersuchungsausschuss bekannt ist, hätte dies unserer Meinung nach Auswirkungen auf die Wahl gehabt.

Konsequenzen nicht weitreichend genug

Zwar wurden aus den Erkenntnissen des Ausschusses bereits Konsequenzen gezogen, uns gehen diese aber nicht weit genug. Für uns ist klar: Der BND muss endlich gesetzlich an die Kette gelegt werden. Die misslungene und verfassungsrechtlich hochproblematische Novellierung des BND-Gesetzes noch vor Ende des Ausschusses, zeigt, wie es nicht geht. Meine Bundestagsrede dazu könnt Ihr hier anschauen.

Wir brauchen dringend eine grundlegende Reform der Aufsicht und Kontrolle der Nachrichtendienste. Die parlamentarische Kontrolle muss gestärkt und die Aufsicht durch die zuständigen Ministerien faktisch wieder hergestellt werden. Hierzu haben wir einen Antrag mit weitreichenden Gestaltungsvorschlägen in den Bundestag eingebracht.

Ebenso ist für uns klar, dass der Schutz von Whistleblowern gestärkt werden muss. Auch hierzu haben wir bereits zu Beginn der Legislatur eine Initiative in den Bundestag eingebracht. Missstände und rechtswidrige Praktiken in Unternehmen und Behörden werden oft erst durch Hinweise mutiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekannt. Gerade im öffentlichen Dienst müssen bessere Möglichkeiten zur Aufdeckung von Skandalen geschaffen werden. Das Vertuschen und Täuschen gegenüber den parlamentarischen Kontrollgremien und auch der Fachaufsicht hätte durch einen effektiven Whistleblowerschutz verhindert werden können.

Grundrechtsschutz in der digitalen Welt

Als Kernfrage bleibt für uns am Ende dieses Ausschusses, wie wir den Grundrechtsschutz auch in der digitalen Welt sicherstellen können. Diese Herausforderung hat für uns Grüne klare Priorität. Die Große Koalition hat sich in dieser Legislatur dazu entschieden, diesen Schutz nicht zuzusagen.

Die Abschlussdebatte im Plenum könnt ihr am Mittwoch ab 17:30 live auf den Seiten des Bundestags verfolgen oder später nachschauen.

Bild: Feldhaus / Grüne Bundestagsfraktion