Zu der Meldung, dass auch CDU und SPD die Rückübernahme des Herrentunnel in Lübeck nunmehr prüfen, erklärt Konstantin von Notz, schleswig-holsteinischer Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag:

Es ist gut, dass sich in Sachen Herrentunnel und Maut endlich etwas tut und nun auch CDU und SPD den Vorschlag der Grünen, die Rückübernahme des Herrentunnels zu prüfen, aufgreifen. Angesichts der seit Jahren steigenden Mautgebühren war diese Entscheidung lange überfällig. 

Ob die Stadt selbst oder der Bund den Tunnel zukünftig betreiben, ist dabei im Grunde zweitrangig. Entscheidend ist, dass die Belastungen für die zahlreichen Pendlerinnen und Pendler spürbar sinken – und Landes- und Bundespolitik aus den in Lübeck sehenden Auges gemachten Fehlern lernen. 

Die Parallelen zwischen Herrentunnel und Fehmarnbelt-Querung sind frappierend: Wie bei praktisch jedem Verkehrsprojekt wurden die Verkehre bei beiden Projekten vor der Realisierung bewusst hochgerechnet, um die Notwendigkeit zu unterstreichen und Fördergelder zu bekommen. 

Heute fahren nicht einmal die Hälfte der prognostizierten Fahrzeuge durch den Herrentunnel, die ursprünglichen Rentabilitätsberechnungen gingen hinten und vorne nicht auf. Die Maut wurde sechs Mal in Folge erhöht, von ursprünglich 90 Cent pro Durchfahrt auf nunmehr 1,90 €. Auch bei der Fehmarnbelt-Querung haben sich die prognostizierten Verkehre auf wundersame Weise halbiert. 

Heute sagt der SPD-Bürgermeister, dass die Tunnellösung ein Fehler war. Exakt diese Fehler wiederholt man trotz besseren Wissen einige Kilometer weiter am Fehmarnbelt – nur eben in gänzlich anderen Dimensionen – zu Lasten von Natur, Anwohnern und öffentlichen Haushalten. 

Gerade bei Großprojekten klaffen Wunsch und Realität noch immer viel zu oft auseinander. Viel zu häufig explodieren Kosten- und Zeitpläne. Letztendlich muss der Steuerzahler für völlig verkorkste Planungen bezahlen. Sollte die Bundesregierung nicht endlich umsteuern, werden sich die in Lübeck gemachten Fehler an Belt und deutscher Hinterlandanbindung absehbar wiederholen.